Nebelkrähe – Ephemer

Band: Nebelkrähe
Album: Ephemer
Genre: Black Metal

Trackliste:
01. Tumult auf Claim Abendland
02. Nielandsmann
03. Ephemer
04. Dornbusch (Im Norden kein Westen)
05. Über Menschen unter Tage
06. Kranichträume
07. Die Strandbar von Scheria

Hochinteressant tönt das 3. Werk des Quintetts aus München von Beginn an, die langen Stücke (zwischen 6 und 9 Minuten) fallen detailreich aus, ziehen sich aber nicht künstlich in die Länge, sondern die Band arbeitet die Ideen fein aus, ohne den Hörer mit epischer Monotonie zu strapazieren. Das erste Stück erinnert von der Stimmung her an einen Tarantino-Film, bei der Einleitung bläst uns der Wüstensand förmlich ins Gesicht, bevor die verzweifelte Stimme und rhythmisch knatternde Riffs einsetzen. Die Texte sind allesamt auf Deutsch und in einer variablen Mischung aus fiesem Kreischen, Klargesang und Flüstertimbre dargeboten. Die akustische Zurückhaltung während des Volltreffers „Nielandsmann“ und der Einsatz einer Posaune in dezentem Stil sorgt für akustisch erhabene Überraschungsmomente, die exaltierte und extravagant-theatralische Zirkusstimme wird polarisieren, die breite Palette an Tempo sowie die Scheuklappenfreiheit begeistern. Auch beim Titelsong „Ephemer“ wähnt man sich in einem Musiktheater, nur extrem überdreht und geisterhaft überzeichnet. Sehr cool finde ich die stoische hingeworfenden hochmelodischen Soli, die gekonnt mit der Songdynamik spielen und mit den rasanten Passagen ein atemberaubendes Spannungsfeld aufbauen. Der intuitive Einsatz von eher genre-unüblichen Instrumenten wie genannter Posaune, Akkordeon oder Cello geben der reichhaltigen Klangwelt eine folkige Facette, die aber keineswegs lustig-tanzbar, sondern künstlerisch wertvoll und ernstzunehmend vonstatten geht. Balladesk-schwelgerische Sequenzen dürfen sich ebenso entfalten und lassen die knalligen Attacken im Anschluss noch fieser detonieren. Das groteske Schauspiel fordert heraus und ist tiefsinnig, nur die banalen „Lalala“-Gesänge hätte man sich bei „Über Menschen unter Tage“ sparen können; auch die letzte Schunkel-Minute dieses Werks wird nicht allerorts auf Gegenliebe stoßen. Pluspunkt: die Wirkung der Musik wird zudem durch das stilvolle, atypische Covermotiv gut vorweggenommen bzw. abgebildet.

Fazit: Die opulente Darbietung könnte all jenen gefallen, die eine Prise Avantgarde im Stile von Angizia oder Dornenreich ebenso schätzen wie die Bissigkeit von Nocte Obducta oder Eisregen, gemischt mit einem dezenten Folkeinfluss. Theatralisch, symphonisch, mit hässlicher Fratze grinsend und doch wunderschönen Melodien gespickt, zeichnet Ephemer ein schillerndes Black Metal-Gemälde.

Punkte: 9 / 10

 

Autor: Leonard