WITHDRAW – Struwwelpeter

Withdraw sind unglaublich produktiv, denn die Vertonung von Struwwelpeter ist bereits das sechste Album in zwei Jahren! Keineswegs unausgegoren oder oberflächlich, geradezu avantgardistisch zeigt sich hierbei die Herangehensweise des kreativen Solokünstlers Witege aus Wien, wenn er die Geschichten von Heinrich Hoffmann musikalisch interpretiert und umsetzt. Das beginnt schon bei der Stimmgebung, die zwischen geisterhaftem Erzählen und fiesem Gekeife einige Abgründe der Seele beleuchtet.

Manchmal geht es düster und getragen zu , dezente Orchestrierung und beschwingter Rhythmus wiegen den Hörer in Sicherheit, bevor der Künstler das Tempo anzieht und demzufolge eine Laut-Leise-Dynamik zu nutzen weiß. Samples verdichten die Atmosphäre noch zusätzlich und unterstützen die schauerliche Horrorstimmung. Der Wechsel zwischen verschiedenen Tempi hält die Musik spannend; die Texte sind zumindest im Unterbewusstsein noch in der einen oder anderen Neuronenbahn gespeichert und somit in irgendeiner Weise vertraut. Der Künstler kreischt, wimmert, flüstert und keift in intensiver Weise und untermalt die heftigen Ausbrüche und moderaten Teile mit der passenden Stimmfarbe, lässt allerdings Raum für melodische Feinheiten und zurückhaltende Symphonik zu. Schräge Instrumentaleinschübe und martialische Rhythmen tauchen ebenso auf und machen dieses Werk interessant und detailliert. Bedrohlich und dunkel entfaltet die Musik auch ihre urwüchsige Wirkung und somit fesselt die Darbietung den Zuhörer in kurzweiliger Manier.
Nach einer kurzen Pause gibt es die Geschichte auch noch als Hörbuch, das bei einigen Hörern wohl Kindheitserinnerungen wachrufen wird…

Fazit: Die künstlerische Extravaganz und geisterhafte Aura von Struwwelpeter erinnern an Dornenreich, Angizia oder Eisregen, das Werk spielt gekonnt mit einer breiten Palette an Emotionen. Wie früher hört man den Geschichten gerne zu, diesmal eben mit metallischer Hintergrundbeschallung…

Punkte: 9 / 10

Autor: Leonard