Band: NEBELKRÄHE
Album: Entfremdet
Genre: Black Metal
Trackliste:
01. Blick vom Ebenholzturm
02. Über den Fluss hinweg
03. Lichtbringer
04. Mein ungleich´ Ebenbild
05. Dem Alb entronnen, so nah dem Traum
06. Als meine Augen ich aufschlug
07. Gewissheit
08. Et in Arcadia ego
Re-Issues sind ein zweischneidiges Schwert – bieten sie einerseits die Gelegenheit, ein Album auf die Höhe der Zeit zu bringen und Fortschritte einzuarbeiten, sind sie andererseits oft auch nur ein langweiliger, steriler Abklatsch ohne den Spirit der Erstauflage. Dennoch haben sich die Münchner NEBELKRÄHE 15 Jahre nach dem Erscheinen von entfremdet der „Herzensangelegenheit“ gewidmet, es als Entfremdet (2024) neu aufzunehmen.
2009 also erschien das Ursprungswerk, nur 2 Jahre nach Gründung der Band, die schon damals unkonventionell war und eine eigene Nische besetzte. Klassisch inspirierte Black Metal Riffs, deutsche Lyrics, die sich mit der eigenen Existenz und dem Sein unter Anderen beschäftigen, aus Progressive und Death entliehene Akzente. Lebendig, pulsierendes Funkeln zwischen düsteren und finsteren Klängen. Entfremdet (2024) nimmt all das und transferiert es in die Gegenwart – und wie! Präzise, professionelle, strukturgebende Drums, der Bass mehr als nur Rhythmusträger, mehrstimmige Gitarrenspuren in einer ausgewogenen, frisch und modern klingenden Produktion. Auffällig stark auch die gereiften Vocals, die die erstaunlich gut gealterten Texte ausdrucksstark zur Geltung bringen und der Nachdenklichkeit, dem Hadern oder der Verzweiflung wunderbar Ausdruck verleihen, wie in „Gewissheit„. Dazu kommen weibliche Gastvocals in „Lichtbringer“ und „Als meine Augen ich aufschlug„, die den Songs nochmals eine interessante Note verleihen. Was in der Neuaufnahme aber doch verloren geht, ist das rohe, ungeschliffene, stellenweise dissonant-schräge des jugendlichen Experimentiergeists aus 2009. Besonders ohrenfällig wird das am im Original progressiv-avantgardistischen Gitarrensolo in „Als Meine Augen ich aufschlug„, das in der Auflage 2024 deutlich runder, sauberer, präziser eingespielt ist und die schiefen Töne verloren hat. Vielseitig und abwechslungsreich waren die Songs der Münchner immer, durch die Neuaufnahme gewinnen sie aber an Ausdruckskraft und Tiefe, die beeindruckend ist, beispielhaft sei der letzte Song des Albums „Et in Arcadia ego“ erwähnt.
Fazit: Entfremdet (2024) ist eine rundum gelungene Neuaufnahme des ersten Albums der Band NEBELKRÄHE. Es klingt gereift, erwachsen, ohne aber träge, distanziert, ernüchtert oder „entfremdet“ zu klingen. Im Gegenteil: die Songs gewinnen durch die Neuaufnahme Tiefe und Charakter. Eine absolute Empfehlung.
Punkte: 9/ 10
Autor: distelsøl